Weißensee 2.0 – Da sind wir wieder!

Kennt ihr die, die jedes Jahr an den gleichen Ort fahren, am besten noch ins gleiche Hotel? Superspießig, oder? Ich bin jetzt eine von denen! Genau wie letztes Jahr ging es auch dieses Jahr an den traumhaft schönen Weißensee nach Österreich. Und eins sag ich euch: Das war nicht das letzte Mal. So einen friedlichen Ort gibt es nicht so oft auf dieser Welt...

Es geht los. Hamburg – München. Mit dem ICE. Morgens um 6 Uhr sitzen wir im Zug – und um 12 gibt es schon Weißwurst, Brezn und Weißbier auf dem Viktualienmarkt. So klein kann Deutschland sein. Apropos kleine Welt: Da ist man mitten in München, am Rand des Viktualienmarktes, und wen trifft man? Die Nachbarin, die in Hamburg direkt über uns wohnt. Da beginnt man daran zu zweifeln, dass alles im Leben Zufall ist.

Nach einer Nacht beim Kumpel auf der Couch geht es dann wieder in den Zug. Österreich, wir kommen! Die beschwerlichste Fahrt zum Abschluss: Ein Shuttle, das uns vom Bahnhof zum Weissensee bringt. Serpentinen, Serpentinen, wie sehr ich euch verabscheue!

Aber dann: dieser See, dieser Blick, die schöne Pension. Es fühlt sich an, als käme man nach Hause. Koffer auf, Bikini und Badehose rauskramen und den Rest stehen und liegen lassen. Die Reisestrapazen verlieren sich im kalten, klaren Bergsee. Der höchste Badesee der Alpen, sagt mein Freund. Und der schönste. Ich kenne zwar keine anderen, kann mir aber nichts Besseres vorstellen, als mitten auf genau diesem türkisblauen Wasser auf der Luftmatratze zu liegen, in den blauen Himmel und auf die bewaldeten Berge zu schauen oder wilde „Guck mal, ich kann auf der Luftmatratze knien!“-Kunststücke zu veranstalten. Dann wieder in die Sonne legen, trocknen lassen, lesen. Mal eben zwei Bücher in 7 Tagen, das schaff ich sonst manchmal kaum in einem halben Jahr. Kurz mit dem Rad 10 Minuten nach Techendorf, ein bisschen was zum Picknicken am Abend kaufen, wenn es gerade nicht ins Restaurant geht. Fahrradschlösser gibt es nicht, wer soll denn hier klauen? Türen stehen offen, als gäbe es keine Verbrechen in dieser Welt. Es ist der friedlichste Ort, den ich kenne. Alles Schlechte der Welt liegt hinter den Bergen. Hier ist alles gut.

Um 21 Uhr schließen die Küchen der Restaurants, wir gehen zeitig schlafen und stehen früh auf, um vor dem Frühstück in den See zu springen. Wenn wir die ersten Bewegungen ins Wasser bringen, wenn die Schiffe noch schlafen und aus unseren Schwimmzügen tausende, winzige Luftbläschen entstehen.

Und dann heißt es jeden 2. Tag: Aufi auf den Berg! Die allererste Wanderung: gleich 700 Höhenmeter. Später auch mehr. Schweiß läuft mir an Brust und Rücken hinunter, die Beine brennen, das Herz pumpt, die Hände zittert. Ich als Flachlandindianer bin doch hier falsch. Wasser, ein Snack, weitergehen. Ein Schmetterling setzt sich plötzlich auf meine Schulter. Wir taufen ihn Schmetti. Und ich spiele Schmetti-Taxi. Als wüsste er genau, wo wir hinwollen bleibt er 20 Minuten auf meiner Schulter und hebt erst ab, als wir angekommen sind. Am Gipfel. Dieses grandiose Gefühl, auf der grünen Wiese zu stehen und den See so weit unter sich zu sehen, ist unbeschreiblich. Verschwitzt, fertig und überglücklich geht es auf die nächste Alm. Ein großes Radler und Kaiserschmarrn, das haben wir uns verdient.

Ich habe das Wandern als unglaublich meditativ empfunden. Immer bergauf, Schritt für Schritt. Wenn es schwierig wird, ganz vorsichtig gehen. Sich von all den Hindernissen nicht einschüchtern lassen. Höhenangst abschalten, wenn der Abhang direkt neben dem Fuß beginnt. Man schaut hoch, denkt: Oh Gott, ist das steil. Und dann geht man einfach hoch, denkt immer nur daran, einen sicheren Tritt zu finden, nicht an die Höhe und das große Ziel dort oben. Und wenn man ankommt, war es gar nicht so schlimm. Man ist ganz im Jetzt, weil man es sein muss, um nicht zu fallen. Man sollte diese Einstellung viel häufiger im Leben haben. Schritt für Schritt. Ohne Panik vor dem großen Ganzen. Und wenn man nicht mehr kann, rastet man kurz. Trinkt einen großen Schluck, isst einen kleinen Snack. Beruhigt den Puls. Und dann geht es weiter. Immer aufwärts, immer leicht nach vorn gelehnt. Ohne zurückzuschauen. Erst wenn wir oben angekommen sind, können wir ohne Angst zurückschauen. Denn wir haben es geschafft. Liebe Berge, von euch können wir alle noch etwas lernen.

14 Stunden in der Bahn auf dem Rückweg. Ein bisschen anstrengend war das schon. Doch niemand kann mir erzählen, dass es im ICE Speisewagen nicht romantisch sein kann. Das Weizenbier ist eiskalt, Currywurst und Salate sind überraschend lecker. Wahrscheinlich fliegen wir trotzdem nächstes Mal.

Weissensee, wir kommen wieder. Wenn das diese Spießigkeit ist, von der alle reden, dann bin ich liebend gern ein Spießer. Macht's euch schön, ihr Weltenbummler!

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